Was du siehst, bist du selbst
- Tobias in Prag
Ist es uns möglich, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn der Affenverstand die Führung hat? Es könnte sein, dass du vor der Göttlichen Mutter stehst, wie einer der Rakshasas 1) in der Geschichte von Ravanasura 2), der vor Shiva 3) stand. Er meditierte hunderte von Jahren, um Shiva zu sehen und hatte unvorstellbare Sadhanas (spirituelle Übungen) ausgeübt und unglaubliche Kräfte erlangt. Und schließlich kam Shiva und sagte: „Okay, was möchtest Du?“
Wenn Shiva da ist, ist gleichzeitig auch die Göttliche Mutter da. Wenn die Göttliche Mutter da ist, ist gleichzeitig auch Shiva da. Also sieht Ravanasura die Göttliche Mutter und seine Kama-Energie 4), sein Verlangen, kam dazwischen. Er hatte hunderte von Jahren Zeit, sich zu überlegen, was er wirklich wirklich möchte und in dem Moment bat er darum, dass Shiva ihm seine Frau geben soll. Puh, was für eine Illusion! Okay, das ist sein Pech. Er hatte es vermasselt. Das war eine Lektion für ihn. Selbstverständlich ist Shiva auch Bhola Shankara 5), derjenige der bedingungslos die Boons (Gnade, Geschenk, Segnung) schenkt. Also gab Shiva ihm seine Frau. Obwohl es ein verrückter Wunsch ist, sagte Shiva: „Klar.“
Und natürlich reagiert die Göttliche Mutter: “Was redest Du da? Du kannst mich doch nicht einfach so weggeben!“ Aber Shiva ist Bhola Shankara: „Ravanasura hat seine Sadhanas ausgeübt, er verdient es. Okay, hier nimm sie.“ Natürlich weiß Shiva, dass letzten Endes alles zurückkommen wird, der Kreis ist rund.
- Zeichnung von Mahakali
Doch zu allererst erhielt Ravanasura den Preis. Er kehrte in sein Königreich zurück und die Göttliche Mutter ritt auf seinem Pferd hinter ihm. Doch als die Menschen in seinem Königreich die Göttliche Mutter sahen, konnten sie in diesem Moment nicht mit Ihrer Energie umgehen. Sie ist auch Mahakali 6). Sie ist Mahakali! Sie sahen Mahakali. Auf der Stelle starben sie an einem Herzanfall! Am Ende öffnet Ravanasuras Meister Ravanasuras Drittes Auge, um ihm zu zeigen, welche Dummheit er gerade begangen hatte. Und natürlich lies Ravanasura die Göttliche Mutter wieder zu Shiva zurückkehren. Könnt Ihr sehen, welche Art von Karma Ravanasura hier kreierte? Er hat damit tausende Menschen in seinem Königreich getötet. Aus seiner Begierde heraus bat er um die Ehefrau von Shiva, anstatt nach seinen wunderschönen Boons zu fragen, die er hunderte von Jahren plante zu erhalten.
Der Meister kümmert sich um Blockaden
Es ist die Pflicht des Meisters sicherzustellen, dass alle diese Blockaden 7) ausgewaschen sind und unser Verstand und unsere Wünsche unter Kontrolle sind. Es gibt auch einen tieferen Mechanismus zu den Blockaden. Es scheint, dass wir versuchen an unseren Blockaden festzuhalten, denn wenn wir sie verlieren, stirbt etwas in uns. Dies denkt zum einen unser Ego und zum anderen unser Verstand. Auf eine Art, so scheint es besonders im Kali Yuga 8), scheinen alle Regeln, die wir erlernen, dazu zu dienen, an unseren Blockaden festzuhalten und sie zu verstecken. „Wenn du meine Blockaden nicht berührst, dann berühre ich auch nicht deine Blockaden.“ Das sind die gesellschaftlichen Normen. Wir kreieren tolle Mechanismen, um sie für immer zu aufrecht zu erhalten. Und wenn sie sich plötzlich zeigen, dann kreieren wir sogar noch mehr von ihnen, um sie zu beschützen. Die Pflicht des Meisters ist es also, sicherzustellen, dass sie ausgewaschen sind.
Wenn man jemanden verletzt, wenn man Herzen bricht, was für ein schreckliches Karma ist das. Da wir versuchen, unsere Blockaden zu verstecken und sie im Schrank verschlossen zu halten, ist es ein wichtiger Mechanismus dafür zu sorgen, dass sie herauskommen und wir sie uns anschauen. Wir brauchen die Willenskraft, die Stärke und die Bereitschaft, sie anzuschauen. Es gibt keinen Weg, der daran vorbeiführt. Natürlich kann der Meister Teile davon abnehmen, aber wir müssen zusätzlich auch dieses Karma auswaschen. Wir müssen da durchgehen und es auch wirklich erfahren. Wenn wir wirklich ein Meister werden wollen, müssen wir durch sie durchgehen. Also, eines Teils sollten wir sie umarmen und sagen, was für eine großartige Gelegenheit es ist, die Angst oder was auch immer für eine Blockade es ist, zu haben. Lasst sie uns erfahren, lasst uns ehrlich zu uns selber sein. Ich habe Angst, okay.
Angst vor der Angst
- Mit einer wütenden Kobra ist nicht zu spaßen.
Vor vielen Jahren war es für jedermann (außer für mich) ein toller Witz, wenn Swami davon sprach, mich allein zusammen mit einer Schlange in den Dwarkamai 9) zu stecken, fast vollkommen nackt, nur mit einem kleinen Lendenschurz bekleidet. Er wollte ein paar Mäuse um meinen Taille binden, den Schwanz der Kobra ankokeln und dann die Tür verschließen! Und obendrein würde er sogar noch innen eine Kamera installieren, sodass mich jeder draußen beobachten könnte! Ich weiß nicht, wie es dir dabei gehen würde, aber jedes Mal wenn er dies sagte, löste es Angst in mir aus.
Swami fragte: „Willst Du das tun?“ Und ich (mit zittriger Stimme): „Na klar.“ Ich wollte doch ein guter Student sein, stimmt’s? „Uh, sicher.“ „Hast Du Angst?“ fragte mich Swami. „Hm, das ist okay.“ Schlussendlich war ich nie im Dwarkamai mit einer Kobra. Es war nicht nötig, da die Kobra direkt vor mir saß. Es ist die Angst. Er hat die Angst kreiert. Es war ein schöner Test, im Sinne eines Trainings. Es war eine Gelegenheit für mich, diese Blockade, diese Angst anzuschauen.
„Warum verstecke ich sie? Warum schäme ich mich so sehr dafür? Warum fürchte ich mich so sehr vor der Angst? Es macht Sinn, sich vor der Angst zu fürchten, aber warum fürchte ich mich denn so sehr vor meinen Blockaden?“
Der Spiegel
- Sri Kaleshwar und Tobias
Also… der Meister stellt sicher, dass deine Blockade direkt vor dir ist. Er macht sie sogar noch größer und egal, wohin du dich drehst - du siehst sie. Du kannst dich nicht davon wegdrehen, selbst wenn du es versuchst. Er ist in diesem Moment die Natur. Die Natur reflektiert uns. Bevor der Diamant ein Diamant werden kann, ist er ein grobes Stück Stein. Aber innen drin ist der Diamant und bevor es ein Diamant wird, muss er heraus geschliffen werden. Der Meister sorgt dafür.
Wie ich es bereits zuvor gesagt habe, es fühlt sich hart an, aber es ist ein Segen. Wenn du einmal da hindurch bist, hast du die Stärke. Und er stellt sicher, dass du die Stärke letztendlich hast, da hindurch zu gehen. Er probiert es immer und immer wieder. Ich meine, ich kam vor vielen Jahren hier her, vielleicht erinnerst du dich, in wie vielen Programmen er die Sache mit der Kobra ansprach und das war nicht die einzige Gelegenheit, bei der er mit mir spielte und mir half, meine Angst zu überwinden.
Das ist die Großartigkeit des Meisters, wie lange es auch immer dauern mag, wie viele Lebzeiten auch immer, er ist für uns da. Der Guru Parampara 10) ist da und stellt sicher, dass wir unser Ziel erreichen, indem er mit uns da durchgeht. Manchmal scheint es, dass er auf der anderen Seite sitzt und es scheint, dass er gegen uns ist, denn er muss diese Natur spielen. Er muss in der Form der Angst erscheinen, das ist der Spiegel. Er ist der Spiegel.
Doch was du siehst, bist du selbst.
Aus einem Satsang mit Senior Studenten in Penukonda, Indien im Ashram von Sri Kaleshwar während des Guru Purnima Programms in 2008
Glossar
Zu einigen im westlichen Sprachgebrauch unbekannten Wörtern finden sich nachfolgend kurze Beschreibungen. Seit jeher verwenden spirituelle Meister - so auch Sri Kaleshwar - Geschichten und Gleichnisse, um tiefere Botschaften fassbar zu machen. Tobias bezieht sich auf einige dieser Erzählungen. Die indische Mythologie birgt einen unermesslich großen Schatz an Charakteren, Gottheiten, Epen, Dramen und Geschichten. Eine wörtliche Übersetzung der Bedeutung eines Wortes wird daher dem Sinn nicht wirklich gerecht. Lernt man die Geschichten hinter den einzelnen Wörtern kennen, offenbaren sich tiefere Schichten, weitere Horizonte - ein Bewusstsein jenseits der Worte.
1) Rakshasa: Rakshasas sind Seelencharaktere, die von negativen Qualitäten dominiert werden und zugleich kraftvolle Meditierende, die Shiva verehren. Viele der aus den Epen bekannten Rakshasas sind hoch intelligente Könige mit enormem Wissen, jedoch Sklaven ihrer Blockaden wie z. B. Egoismus, Habgier und Lust. Sie bitten Shiva meist um verrückte Kräfte, die sie am Ende wieder verlieren. Einige aus der indischen Mythologie bekannte Rakshasas sind Hirayanikashwar, Mahishasura und eben Ravanasura.
2) Ravanasura: Einer der aus dem Epos “Ramayana” bekannten Rakshasas.
3) Shiva: Die transzendente, höchste, unendliche Wirklichkeit; in der Schöpfung ist er Teil der Dreifaltigkeit: Brahma, Vishnu und Shiva. In diesem Aspekt agiert er als die zerstörerische Kraft des Universums.
4) Kama-Energie: Wunsch-Energie, Lust, Anhaftung, Begierde. Kama ist eine der Hauptblockaden, die Gelegenheiten verschleiern können, göttliche Energie zu empfangen.
5) Bhola Shankara: Die Form von Shiva, die bedingungslos gibt. Für ihn zählt nur die reine Disziplin, die harte Arbeit, die der Praktizierende getan hat, um seinen Darshan zu erlangen. Es kümmert ihn nicht, ob der Empfangende mit dem Gegebenen umgehen kann, die Verantwortung tragen kann. Er gibt einfach.
6) Mahakali: Eine Form der Göttlichen Mutter, die Zerstörerin der Negativität, ursprünglich vorgesehen, den höchst kraftvollen Rakshasa Mahishasura zu töten. In Folge Ihrer wilden Erscheinung kann Mahakali missverstanden werden, aber es liegt eine große Tiefe darin, auch nur einen kleinen Teil Ihrer Energie zu verstehen. Alle drei Gottheiten – Brahma, Vishnu, Maheshwara – ebenso Lakshmi, Durga, Saraswati, all die unglaublichen Maharishis, Vishwamitra, Bhrigumaharshi, Kashipata Maharshi, alle göttlichen Engel und alle Göttinnen haben sich in einer Form vereinigt. Das ist Mahakali.
7) Blockaden: Negative psychologische Tendenzen wie Egoismus, Eifersucht, Gefühl von Ausgeschlossensein, Selbstgerechtigkeit, Skeptizismus, Schuldzuweisung und Ärger.
8) Kali Yuga: Das gegenwärtige Zeitalter, das vierte und letzte Zeitalter dieses Schöpfungszyklus. Das materielle Zeitalter, in dem die Menschen glauben, dass die materielle Welt die höchste Wirklichkeit darstellt. Das Kali Yuga ist das dunkelste aller vier Zeitalter, das Zeitalter des Leidens und der höchsten Negativität, in dem die Menschen sich von ihrem Dharma und ihrer Suche nach Gott abwenden. Obwohl die Energie auf der Erde während dieser 5000 Jahre zu 75 Prozent negativ ist und nur zu 25 Prozent positiv, ist es in diesem Zeitalter am leichtesten, Gott zu erreichen. Das Kali Yuga begann vor 5000 Jahren mit dem Mahasamadhi von Krishna. Unter der Leitung von Shirdi Sai Baba wird es seit dem Jahr 2000 für 1000 Jahre vom goldenen Zeitalter der Erleuchtung, dem Sai Yuga (dem »fünften Zeitalter«), unterbrochen.
9) Dwarkamai (hier: in Penukonda): Shirdi Sai Baba gab der zerfallenen Moschee, in der er in Shirdi lebte, den Namen “Dwarkamai”. Sri Kaleshwar erbaute in seinem Ashram auf seinem Kraftplatz einen kleinen Meditationstempel, der auch Gurustan für seine Studenten ist und nannte diesen zu Ehren seines Meisters Shirdi Sai Baba ebenso “Dwarkamai”. Dies ist heute auch die Stätte von Sri Kaleshwars Samadhi.
10) Guru Parampara: Die Meisterlinie der Gurus bis hin zu Shiva, dem höchsten Meister. Der erste Guru, der Guru aller Gurus, ist Dattatreya. Er ist der Ursprung aller Meisterlinien, der aus den drei männlichen Aspekten Gottes – Brahma, Vishnu und Shiva – geschaffen und in einer Form vereint ist.
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Dein Meister ist dein lieber, hilfsbereiter Freund und gleichzeitig dich verwirrender Lehrer. Um ehrlich zu sein, das ist gut für dich. Es ist wirklich gut für dich, wenn die Natur dich richtig erschüttert. Zuerst schüttle ich dich. Dann schicke ich dich in die Welt und du kannst dort stehen. Alle Meister in diesem Universum erlebten das auf dieselbe Art mit ihren Meistern – 100%ig. Sie sind durch dieselbe Tür gegangen. Punktum.
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Amaun
27. Jun, 2018 12:07
Es ist mir immer eine sehr große Freude wenn ich etwas von dir lese. Du hast eine besondere Art dich auszudrücken.Es macht immer wieder Spaß zu lesen was du und all die anderen aus dem Kaleshwar-Team von Swami gelernt habt.Das mit der Kobra und der Angst vor der Angst ist ein tolles Beispiel das ich mir zu Herzen nehmen werde das ganze als Spielfeld zu sehen:”Warum habe ich Angst?Und dann die Konfrontation zu suchen um diese dann aufzulösen. Allerdings geht das nur dann wenn man jemand hat der einen den Weg zeigt : Immer und immer wieder. Um das ganze zum Schluss aufzulösen!
Ich danke dir für deine klugen Worte, die mir helfen in diesem Zeitalter Kali Yuga vorran zu kommen!
johanna
12. Apr, 2021 11:38
Es ist beglückend und befreiend, wenn man die verschiedenen Geschichten und Erlebnisse immer wieder hört, miterlebt oder nacherlebt, darüber nachdenkt, die Mechanismen dahinter erkennt, das göttliche Spiel verstehen lernt. Es kreiert Lust am Leben und erhält gleichzeitig das Rad der Ewigkeit auf immer neuen höheren Dimensionen am Laufen. Danke Tobias, Tatyanna, Jenniver und allen, die damit die Schöpfung in Bewegung bringen.